Analyse Zeichnung eines kleinen Garten - Blickrichtungen

Analyse – Konzept – Entwurf – Detail

Die Sonne scheint aus allen Knopflöcher, die Clematis blüht mit den Radieschen um die Wette, ich haben einen ganzen Stapel spannender Bücher, die gelesen werden wollen, und seit Wochen meinen ersten wirklich freien Tag.

„Und Analyse ist laaaaaaangweilig“, schreit das kleine Erstsemester in mir.

In den unsterblichen Worten eines meiner Dozenten: „Wir fangen nicht mit der Parkbank an.“

Nur, falls mal jemand fragen sollte, was ich an der Uni gelernt habe.

„Du bist ein kleines Erstsemester und hast keine Ahnung, wovon du redest“, erklärt mein kleines Kammermitglied mit mehr als zehn Jahren Berufserfahrung und setzt sich an die Arbeit.

Analyse ist wichtig. 

Eine saubere Bestandsanalyse spart dir später Arbeit, Zeit, Nerven und Geld. 

Ich mochte die Analyse-Phase früher nicht, weil sie einen auf den Boden der Tatsachen holt. Wenn man tausend Träume und Ideen hat und schon ganz genau weiß, was am Ende herauskommen soll, dann

  • Will man erstens loslaufen und sofort anfangen, anstatt sich erst noch mit Dingen zu beschäftigen, die ohnehin schon klar sind – LAAAAANGWEILIG!
  • Und zweitens … könnte man in der Analyse womöglich herausfinden, dass die tolle Idee, in die man sich bereits verliebt hat, gar nicht umsetzbar ist. Niemand landet gern hart auf dem Boden der Tatsachen.

Deshalb ist es so wichtig, nicht vor der Analyse schon hoch zu springen. So schwer es ist, zügele deine Träume, bis du eine tragfähige Grundlage hast. Dann wird der harte Boden der Tatsachen das Trampolin, dass du brauchst. 

Genug mit den Metaphern.

Die gute Nachricht:

Du weißt jetzt schon, was du willst, weil du dich mit dir selbst und deinen Wünschen beschäftigt hast. Die gute Nachricht, damit ist die Hälfte der Analyse schon geschafft. Zeit für eine Pause. Genau. Zeit, in deinen Garten zu gehen.

Wo du schon mal da bist, kannst du gleich schauen, was du hast.

Die Bestandsanalyse ist die zweite Hälfte der Analyse.

Analyse ist auch gar nicht langweilig. Die Bestandsanalyse deines Gartens ist der Moment, wenn du dich zum allerersten Mal wirklich in deinen Garten versenkst. Euer erstes Date. Genieße es, sei aufmerksam, lass dir Zeit.

Untersuche den Status Quo sämtlicher Aspekte, die für deinen Garten wichtig sind, und halte ihn fest. Mit Festhalten meine ich nicht nur ankucken, bemerken und merken, sondern dokumentieren und sich eine Weile damit beschäftigen. Du kannst sehr gern Fotos machen, aber noch wichtiger ist es, Pläne zu zeichnen. Analyse Pläne. Wenn du keinen maßstabsgetreuen Plan deines Gartens hast, ist jetzt der Zeitpunkt, einen zu erstellen. Wenn du einen hast, um so besser. Der ist von nun an deine Grundlage. Ein Bestandsplan ersetzt keine Analysephase. Er ist nur deine Grundlage.

Dein Grundstück kannst du genauso aufmessen wie die Räume deiner Wohnung. Mit Zollstock, Maßband, Zettel und Geduld. Du kannst auch Spezielle Geräte wie Theodolit oder Nivelliergerät ausleihen – und vor Einsatz gründlich erklären lassen – oder einen Vermesser beauftragen, wenn du anders nicht weiterkommst und das Geld über hast.

Mit Hilfe deiner Grundlage analysierst du nun die verschiedenen Aspekte deines Grundstücks. 

Wenn ich für ein neues Projekt den Bestand analysiere, prüfe ich einen ganzen Katalog von Punkten. Zum Beispiel:

  • Topographie: Dabei geht es um die Höhen im Gelände. Hast du Böschungen, Senken, Hügel, Gefälle? Wenn dir kein Höhenplan deines Gartens vorliegt, musst du hier selbst prüfen. Selbst wenn dein Garten auf den ersten Blick (und auch auf den dritten) Brett-eben wirkt, gerade dann. Mehr dazu an anderer Stelle.
  • Grenzen (Wie schließt dein Garten an die Nachbarn an. Was schließt von den Nachbarn bei dir an
  • Umgebung: Was würde ich gern von meinem Garten aus wahrnehmen, obwohl es nicht auf meinem Grundstück steht? (Die wunderschöne Linde im Nachbargarten, der angrenzende Acker mit seinem Blick in die Weite, der gotische Kirchturm über den Nachbardächern) / Was möchte ich auf keinen Fall wahrnehmen? (Die Biomülltonnen der Nachbarn, den Supermarktparkplatz nebenan)
  • Wegebeziehungen: Wo sind die Zugänge zum Garten, von wo nach wo wird der Garten am häufigsten durchquert? Was sind sekundäre Richtungen?
  • Sichtbeziehungen: Welche Bereiche sehe ich von welchem Fenster, von welchem Eingang? Aber auch: Welche Bereiche sind von außen Einsehbar?
  • Bestehende Einbauten: Gibt es alte Mauern, befestigte Flächen, Fundamente, Zäune, Überdachungen? Wo, in welchem Zustand (wie sympathisch sind sie mir)
  • Bestehende Pflanzen: Wo und was für Bäume in welchen Größen sind vorhanden. Wie ist ihr Zustand (wie sympathisch sind sie mir)? Hecken? Stauden? 
  • Boden: Wie sandig oder lehmig ist er? Wie ist der ph-Wert? Oder ist er vielleicht eher eine mit ein paar Zentimenter Humus überpinselte Bauschutthalde? Genaueres zur einfachen Bodenbestimmung findet ihr zum Beispiel in diesem Artikel.
  • Licht und Schatten: Wie ist dein Garten exponiert (wo ist Norden?)? Welche Bereiche liegen am häufigsten im Schatten? Welche bekommen die meiste Sonne? Ein Garten mit Nordexposition heißt nicht automatisch, dass er immer im Schatten liegt. Wenn das Gebäude nicht besonders hoch ist und im Westen und Osten keine andere Gebäude oder hohen Strukturen anschließen, kannst du trotzdem einen sehr sonnigen Garten haben. Gleiches natürlich umgekehrt. Noch dazu wandert der Sonnenstand durchs Jahr und wo im Hochsommer die Sonne hinknallt, kann im Mai ein Schattenfleckchen sein. Lass dir Zeit für die Schattenanalyse und beobachte genau. Licht und Schatten sind essentiell für deinen Garten.
  • Eng mit Licht und Schatten hängen Temperaturen und Temperaturempfinden zusammen. Aber auch in eher sonnigen Ecken weht vielleicht häufig eine Brise vorbei und die schattige Mauer hat den Tag über vielleicht in der Sonne gebacken und strahlt nun gespeicherte Wärme aus. Erkunde deinen Garten mit allen Sinnen.
  • Wo wir grade bei den Sinnen waren: Was hörst du wo? Was riechst du Wo? Vielleicht findest du eine Ecke, wo man die Kläranlage drei Straßen weiter (wegen der das Haus vermutlich so günstig war) kaum wahrnimmt. Gleiches gilt für die Autobahn, oder umgekehrt für die Nachtigall, die immer in dem gleichen Nachbarbaum sitzt.

Du siehst, das ist eine lange Liste und je nach Garten und Bedürfnissen kann sie leicht noch länger werden. Da ist es sehr verführerisch, das ganze möglichst schnell abzuarbeiten. 

Tu das nicht. Lass dir Zeit.

Mach die Analyse nicht an einem Nachmittag.

Nicht mal an einem Wochenende. Dein Garten verändert sich im Lauf eines Jahres. Je mehr Zeit du dir lässt, ihn zum Beispiel in jeder Jahreszeit kennenzulernen, nicht nur zu jeder Tageszeit, desto besser.

Werde auch nicht clever, wenn du die Ergebnisse aufzeichnest. Zeichne nicht alle Themen in den selben Plan. Das fühlt sich clever an, weil da gleich alle Wechselwirkungen deutlich werden. 

Bestandsanalyse Skizze mit zuviel Inhalt, daher schlecht lesbar

Mach das nicht. Bei der Bestandsanalyse geht es gerade darum, sich einmal jeden einzelnen Aspekt klar zu machen. Keine Abkürzungen.

Zeichne für jedes Thema eine eigene Skizze. Die einzige Richtlinie für einen Analyseplan ist: Er muss sofort verstanden werden. Je einfacher, desto besser. In der Galerie unten habe ich nur ein paar Beispiele für Analysepläne für einen sehr einfachen, praktisch leeren Garten. Es sind längst nicht alle Aspekte abgedeckt. Zum Beispiel fehlen die Höhen und genaue Abmessungen. Aber ich denke, du bekommst ein Gefühl dafür, was ich mit einfach und klar meine.


In zweiten Semester hat man uns für sämtliche unsere Zeichnungen nur schwarze Linien auf weißem Grund sowie eine Farbe erlaubt: Ein blasses altrosa. Wir waren alle sehr begeistert.

Allerdings, so konnten wir uns nicht verzetteln, oder Sachverhalte verstecken, mit denen wir uns nicht beschäftigen wollten.

Wenn du für jeden wichtigen Aspekt deines Bestandes ein schlichten Analyse-Plan gezeichnet hast, hast du dich eingehend mit ihm beschäftigt und weißt vermutlich schon deutlich mehr über deinen Garten, als du jemals für möglich gehalten hast.

Jetzt kommt der wirklich clevere Teil

Zeichne deine einzelnen Pläne auf Transparentpapier. (Das gibt es auf der Rolle im Künstlerbedarf für etwa 10,-€. Ich verbrauche pro Jahr etwa drei oder vier Rollen.)

Zeichne alle im gleichen Maßstab. Ein Standard Maßstab wäre 1:100, dabei entspricht ein Zentimeter in der Zeichnung einem Meter in der Realität, aber für einen kleinen Garten macht ein Maßstab von 1:50 (1cm=50cm) oder 1:20 (1cm=20cm) mehr Sinn.

Pläne auf Transparentpapier im gleichen Maßstab kannst übereinanderlegen und in Kombination betrachten. Dadurch erkennst du Wechselwirkungen. („Schatten + Ausblicke / Einblicke“ können zusammen schon einen Hinweis auf einen guten Aufenthaltsort geben.)

Eine überlagerung aus Beschatteten Zonen und Hauptsichtachsen

schattig mit Aussicht über einen großen Teil des Gartens

Die Transparente kannst du frei durchwechseln und so alle Kombinationen prüfen, ohne dich mit Fakten beschäftigen zu müssen, die du gerade nicht brauchst.

eine Überlagerung aus sonnigen Plätzen und Sichten nach außen

sonnig mit Sicht nach außen

Wem das jetzt bekannt vorkommt: Ja. Genau das Gleiche kannst du in Bildbearbeitungsprogrammen mit verschiedenen Layern machen.

Am Ende der Analyse weist du alles, was es über dein Grundstück zu wissen gibt, und alles darüber, was du von deinem Grundstück willst.

Das ist deine Basis, auf der du deinen Traumgarten bauen kannst. 

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