Es ist vollkommen logisch. Dein Garten ist klein und die meisten Bäume sind riesig. Nie und nimmer hast du Platz für einen großen Baum in deinem Garten. Schließlich passt in ein Puppenhaus kein normalgroßer Stuhl. Aber ein Puppenstuhl passt hinein. Für einen kleinen Baum hast du also Platz. Ein kleiner Baum nimmt weniger Platz weg, ist leichter zu pflegen und passt in deinen kleinen Garten.
Leider funktioniert es so nicht.
An manchen Stellen ist ein kleiner Baum genau richtig, auch in einem kleinen Garten, oder in einem Vorgarten. Genauso oft sind Sträucher die richtige Wahl. Aber wenn es um den Baum geht, deinen Hausbaum, der Baum, der im Zentrum stehen soll, und vielleicht sogar noch um seinen Partner (der die andere Seite der Hängematte halten soll) dann tun es kleine Bäume nicht. Nicht aus emotionalen oder spirituellen Gründen. Sogar erst an zweiter Stelle aus ästhetischen Gründen. Zu allererst versagen sie aus einem ganz praktischen Grund.
Glaubst du nicht?
Dann komm mit.
Was ist ein Baum?
Als Baum wird im allgemeinen Sprachgebrauch eine verholztePflanze verstanden, die aus einer Wurzel, einem daraus emporsteigenden, hochgewachsenen Stamm und einer belaubten Krone besteht.
Also, Wurzeln (brauchen wir erstmal nicht), Stamm, Krone – Stamm und Krone sind essentiell für uns in unserem kleinen Garten. Den Punkt, an dem der Stamm zur Krone wird, nennt man Kronenansatz.
Der wird auch noch wichtig. Manchmal haben Bäume mehr als einen Stamm, die nennt man dann mehrstämmig. (So einfach kann Landschaftsarchitektur sein.)
Ein Strauch unterscheidet sich von einem Baum durch die Abwesenheit der Trennung zwischen Stämmen und Krone. Die Krone des Strauches fängt sozusagen direkt über dem Boden an.
Vielen halten Sträucher für kleine Bäume. Und manchmal gibt es Bäume auch als Sträucher oder umgekehrt. Die Felsenbirne (Amelanchier lamarckii) z.B. ist ein Strauch mit einem sehr hübschen, filigranen Wuchs, den es auch als baumartigen gibt (Amelanchier arborea). Mit ihrer weißen Blüte ist sie außerdem wie geschaffen für einen Weißen Garten. Die Grafiken oben beruhen auf Felsenbirnen.
Jetzt stellen wir diesen Strauch, eine Felsenbirne, in einen Reihenhausgarten.
Der Garten ist fünf Meter breit und acht Meter tief, hat damit also vierzig Quadratmeter, eine häufige Größe moderner Gärten. Die Felsenbirne wird mit zwei Drittel ihrer durchschnittlichen Endgröße dargestellt. Sie befindet sich also in der Mitte ihrer Entwicklung.
Die Felsenbirne ist wunderschön gewachsen, hat im Frühjahr weiße Blüten und eine Kupfergoldene Herbstfärbung, für die man sie einfach gern haben muss. (Das Pink habe ich mir ausgedacht für ein bisschen mehr Kontrast.)
Aber wieviel Raum nimmt dieser Strauch im Garten ein? Irgendwie muss man jetzt immer um die Birne herumtanzen. Versuch mal, unter der Felsenbirne Rasen zu mähen. Oder deine Hängematte an ihr aufzuhängen. Das ist nicht möglich. Sie frisst ungefähr zwölf Quadratmeter deines Gartens auf. Also mehr als ein Viertel und fast soviel wie eine typische Terrasse (die haben meistens zwischen vierzehn sechzehn Quadratmeter.)
Probieren wir jetzt einen kleinen Baum im kleinen Garten
Der Kronenansatz dieser Felsenbirne liegt in etwa auf 1,6m Höhe. Das ist zwar schon besser, und je nachdem, welche Kronenform du wählst, kann das schon ausreichen. Zumindest kann sich unter diesen Baum legen und ins Blätterdach schauen.
Trotzdem empfehle ich für kleine Gärten einen Baum mit einem Kronenansatz in mindestens 2m Höhe.
Ein großer Baum in einem kleinen Garten
Das größte Volumen eines Baumes steckt in der Krone. Wenn dieses Volumen über deinem Kopf hängt, nimmt es dir unten keine nutzbare Fläche aus deinem Garten weg. Du stößt beim Rasenmähen nicht mehr an tiefhängende Äste.
Ein großer Baum lässt sich vielfältig nutzen.
– Hänge eine Schaukel oder eine Hängematte an ihnen auf
– Baue ein Baumhaus hinein
– Richte deine Sitzecke unter einem natürlichen Schutzdach ein
– Einhörnchen fühlen sich großen Bäumen viel wohler
– Solange deine Kinder klein sind, können sie den langen Stamm noch nicht erklettern. Wenn sie es können, sind sie auch klug genug zu wissen, was sie tun.
Doch noch ein kurzer Satz zu den Ästhetischen Vorteilen:
Erinnerst du dich an deine Immobilienbesichtigungen? Wie die Deckenhöhe die Atmosphäre in einem Raum beeinflussen kann ist dir bestimmt aufgefallen. Altbauwohnungen sind aus guten Gründen so beliebt. In Räumen mit niedrigen Decken fühlt man sich unter Umständen beschützt, aber auch schnell im wahrsten Sinne des Wortes bedrückt. Eine hohe Decke gibt dir Platz zum Atmen. (Zumindest geht es mir immer so.)
Das gleiche stimmt auch für deinen Gärten. Wenn du in einen Handtuchgarten einen Baum pflanzt, dessen Kronensantz gerade so über deinem Kopf sitzt, wird dir die Decke deines Gartens beständig auf den Kopf drücken.
Du machst deinen Garten damit noch kleiner.
Wenn du das willst (ja, die Äpfel sind dann leichter zu ernten), ist das großartig. Ein schattiges, gemütliches Eckchen zum Kuscheln und Träumen kann wunderbar sein.
Nur, triff die Wahl deines Baumes aus den richtigen Gründen.
Ein Kleiner Baum in einem Kleinen Garten sorgt nicht für mehr Platz in deinem Garten.
Ein kleiner Baum in deinem Garten nimmt mehr Platz ein als ein großer Baum, weil die Krone eines kleinen Baumes den gleichen Raum einnimmt wie du, wenn du deinen Garten nutzt.
Es gibt keinen Grund, Angst vor großen Bäumen in kleinen Gärten zu haben.
Es gibt aber noch ein paar weitere Punkte, die du bei der Wahl deines Baumes beachten solltest, wie Wurzelform, Kronenform, Wuchsgeschwindigkeit, Kronendichte, Früchte, Farbaspekte.
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1 Kommentar
Vielen Dank für die tollen aufschlussreichen Artikel. Bei der Planung des Standortes für unseren Hausbaum, bin ich auf diesen Blog gestoßen. Spontan schrieb ich Kisten Lang und bat um Rat. Promt kam ganz unverbindlich eine Antwort, die mir nochmal vor Augen geführt hat, worauf man bei der Platzierung eines Baumes achten sollte. Bei Ihrer Antwort als auch bei Ihren Artikeln, die mich teilweise zum Lachen brachten, hatte ich das Gefühl, dass Kirsten Lang weiß, wie man einen Garten, bezogen auf die persönlichen Bedürfnisse, plant. Mit Fachwissen und Leidenschaft hat Sie ein „Gefühl“ für den Garten und versteht es, ihn – für mich am liebsten – zu einem geheimnisvollen Ort zu gestalten. Wenn wir mal in Zukunft unseren Garten neu planen wollen, dann bestimmt von Kirsten Lang 🙂