perspektive in einem kleinen Garten

Der Garten von Line und Julia (63m2) liegt auf einer Tiefgaragendecke. Vom Vermieter sind größere Umbauten verboten. Die beiden haben keinen Cent zuviel in der Tasche und zur kleinen Familien gehören zwei Katzen und ein Hund (und eine Schlange, die aber nicht in den Garten darf). Während der Flitterwochen, im legendären Sommer vom 2018, ist die Säulenthuja verstorben, die den Einblick auf die Terrasse durch das Gartentürchen bisher verhinderte.

Seitdem wollen die beiden etwas ändern. 

Foto Säulen Thuja mit vollständig abgestorbenen Schuppenblättern.
Thuja überleben fast alles, aber wenn selbst im Stamm kein Saft mehr zu sehen ist, ist es vorbei.

Erst haben sie nur gefragt, ob man die Thuja noch retten kann?

„Sie ist tot, Jim.“

Doctor Leonard McCoy

Dann, was ich als bienenfreundlichen Ersatz vorschlagen könnte, um den Sichtschutz zu gewährleisten.

Dann kamen wir ins plaudern.

Beide sind sehr gern draußen, kreativ, tier- und naturliebend. (Außerdem kenne ich Julia und Line schon eine Weile persönlich und weiß aus eigener Erfahrung, dass sie sich alle fünf Minuten für ein neues Thema begeistern können.) Beide brauchen auch Rückzugsmöglichkeiten. Sie möchten in ihrem Garten auf keinen Fall auf einer Bühne sitzen. Julia hat bisher kaum etwas im Garten gemacht. Line hat eine Ausbildung im Gartenbau . Sie fühlt sich vor allem mit schwerem Gerät in der Hand wohl, und, wenn sie etwas bauen kann.

Ziel war ein geschützter, pflegeleichter, Insektenfreundlicher Garten, mit Platz zum Atmen und für Kreativität – der praktisch nichts kosten darf.

Nachdem die Bedürfnisse, Wünsche und Ressourcen der Nutzer geklärt waren, habe ich mir den Garten genauer angeschaut und ein paar Analysepläne gezeichnet

Der Garten ist groß genug, um zwei kleine Räume auszubilden, die miteinander in Beziehung treten können. Dies geschieht vor allem über Sichtbeziehungen.

Konzeptskizze für einen kleinen Garten, gezeigt wird eine mögliche Aufteilung in zwei Gartenräume
Zwei Räume in einem kleinen Garten

Von der Terrasse, dem wichtigsten Aufenthaltsort, ist ein großer Teil des Gartens einsehbar, aber nicht der gesamte.

Konzeptskizze für einen kleinen Garten. Dargestellt ist die Sichtbeziheung von der Terrasse in einen Teil des zweiten Gartenraumes.
Von der Terrasse aus ist ein Teil des zweiten Gartenraumes einsehbar

Gleichzeitig ist die Terrasse, als Hauptaufenthaltsort, der Bereich, der am besten vor Blicken von Außen geschützt werden müssen. Also brauchen wir einen Sichtschutz zwischen Terrasse und Gartentür. Außerdem brauchen wir etwas, dass dazu verführt, die Terrasse zu verlassen und den Rest des Gartens zu erkunden. Ein Bedürfnis, über die Terrasse hinaus in den zweiten Gartenraum zu gehen, und sei es nur in Gedanken.

Eine Gartenbank besitzen die beiden bereits. Sie steht aktuell ein wenig verloren neben der Terrasse. Setzt man sie in die entfernteste Ecke des Gartens, bildet sie nicht nur einen zweiten Aufenthaltsort. Darüber hinaus

  • stellt sie das verlockende Ende der Sichtachse von der Terrasse dar
  • bietet sie eine andere Exposition als die Terrasse – liegt die eine im Schatten, badet die andere in der Sonne und umgekehrt.
  • bietet die Möglichkeit, gemeinsam im Garten zu sein, und trotzdem für sich.

Daraus ergibt sich ein Raum im Bereich der Terrasse und ein Raum mit der Gartenbank.

Wie können sich diese beiden Räume unterscheiden? Denn sie müssen sich unterscheiden, sonst gäbe es keinen Grund, zwischen ihnen zu wechseln, oder auch nur davon zu träumen.

Der erste Raum, der Schutz bieten muss und mit der Terrasse bereits ein festgelegtes Element aufweist, kann eines nicht mehr bieten: Platz zum ausbreiten und toben.

Dass kann aber der zweite leisten. Deshalb wird dieser Raum frei gehalten, um durchzuatmen, den Wind zu spüren und den Hund zu kabbeln. Line und Julia wünschen sich eine Wildblumenwiese statt der Rasenfläche. Sofern der Vermieter zustimmt, kann Line die Rasenarbe abtragen, den Boden vorbereiten und die neue Saatmischung ausbringen.

Der zweite Raum wird zum Freiraum

Für den ersten Raum schlage ich Hochbeete zwischen Terrasse und Gartentür vor. Die können Line und Julia jedes Jahr neu befüllen mit allem, was ihnen gerade gefällt. Kräuter, Gemüse, Einjährige. Der ständige Blick auf die Beete und die Nähe zur Wohnung sorgt für eine niedrige Hemmschwelle, sich mit den Beeten zu beschäftigen.

Der Sichtschutz vor der Gartentür wird ein breiter Vorhang aus Kletternden ein- oder mehrjährigen an einem Stangengerüst. Line kann ganz leicht eines bauen und die beiden können es mit allem von Himbeeren über Bohnen und Erbsen bis Clematis oder Rosen bepflanzen.

Im Winter ist dieser Sichtschutz zwar nicht mehr völlig blickdicht, aber im Winter wird die Terrasse auch kaum genutzt werden.

Wenn jetzt jemand auf der Terrasse sitzt, schaut er über einen kleinen Urwald im Hochbeet auf den bunten Sichtschutz-Vorhang vor der Hecke, von dort gleitet der Blick vielleicht in die Lücke, die den Blick weitet, hinüber in den zweiten Gartenraum mit der Wiese und der Bank am anderen Ende.

Skizzenhafte Sicht von der Terrasse in den kleinen Garten mit Hochbeeten, Rankhilfe und Gartenbank im Hintergrund
Blick von der Terrasse in den Garten

Die Gartenbank wird von ein paar weiteren Pflanzen, vielleicht einem kleinen Strauch (?), eingefasst und so gegen die Gartenpforte abgeschirmt.

Merkst du, wie man sich fragt, was wohl hinter der Wand ist? Was man wohl sieht, wenn man da hinten auf der Bank sitzt?

Der zweite Gartenraum öffnet sich über die Decke der Tiefgaragenzufahrt zu den Nachbarn. Dass verstärkt den Kontrast zwischen den beiden Räumen, aber wenn Line und Julia keinen Wert darauf legen, können sie die Lücke mit weiteren Hecken schließen, oder mit Kletterpflanzen an einem Zaun.

Von der Gartenbank ist die Terrasse als versteckte Nische hinter Hochbeet und Mauer zu erahnen, davor liegt die freie Wiesenfläche.

Skizze, Blick von der Gartenbak über Beete und Wiese zur Terrasse in einem kleinen Garten
Blick von der Bank in den Garten

Die Wege

In diesem Garten sind die Wege nur angedeutet als gemähte Wiesenflächen. Das ist die kostengünstigste Möglichkeit, bedeutet aber, dass diese Bereiche mit der Zeit verkahlen können. (Trampelpfade)

Wenn Line und Julia sich daran stören, können sie die Wege zum Beispiel mit Rindenmulch in einer fünf bis zehn Zentimeter dicken Schicht abstreuen. Dass müsste natürlich alle ein, zwei Jahre wiederholt werden, aber dauerhafte Einbauten wie Pflaster oder Platten sind nicht nur deutlich teurer, der Vermieter hätte vermutlich auch etwas dagegen. An der einzigen ‚Kreuzung‘ habe ich einen mittelgroßen Findling platziert. Der sorgt dafür, dass die Wegekante nicht überlaufen wird. Außerdem ist er mein geheimer Platzhalter, den an diese Stelle könnte Line auch den selbstgebauten Kletterbaum für die Katzen aufstellen, den sie so gern bauen möchte. Da ich aber nicht weiß, wie der mal aussehen soll, wollte ich ihr nicht vorgreifen.

Im Überblick sieht Lines und Julias Garten so aus

Skizze, Übersicht über einen kleinen Garten, Entwurf
Draufsicht kleiner Garten

Sollte der Vermieter mit der Pflanzung von Sträuchern nicht einverstanden sein, kann zwischen Gartentür und Bank auch ein Sammlung von Pflanzgefäßen stehen. Kombiniert in verschiedenen Höhen und Größen ergibt sich ein spannender Blickfang. Nahezu alles eignet sich als Pflanzgefäße, solange es die Erde hält und das Wasser ablaufen lässt. (Ein paar Beispiele: Eimer, Wäschekörbe, Weinkisten, Jeanshosen, Maurerkübel, Einkaufstüten …)

Kosten

Dieser Garten kann Schritt für Schritt angelegt werden, immer, wenn wieder Lust und Geld vorhanden ist.

Ich würde die Bank sofort an ihren neuen Platz stellen und dann mit dem hinteren Hochbeet und dem Sichtschutz anfangen. Damit sind die wichtigsten Eckpfeiler gesetzt.

Es werden keine Handwerker eingesetzt, damit bleiben die reinen Material und evtl. Lieferkosten. (Ich habe für die Preise Baumärkte durchsucht, also Endverbraucherpreise.)

Saatgut für die Wildblumenwiese: ca. 20,-€

Rindenmulch, 2 Kubikmeter: ca. 300,-€

Material für beide Hochbeet zusammen: ca. 150,-€

Gesiebter Oberboden für die Hochbeete (von der Deponie, ohne Lieferung): ca. 50,-€

Stangen: Lange Äste können Line und Julchen bei Freunden in einem privaten Wald sammeln. (Merke, es ist grundsätzlich verboten, Holz aus dem öffentlichen Wald mitzunehmen)

Rosenstrauch (Oder ein anderer niedriger Strauch): 60,-€ ( abhängig von der Größe, kleinere Pflanzen gibt es auch schon für 10-20,-€)

Findling: ca. 200,-€ (schwer zu schätzen, am besten zu einem Steinbruch oder Baumarkt in der Nähe fahren und schauen, was einem gefällt)

Es gibt auch ein kleines Pinterest Bord mit Pins passend zum Garten.

Disclaimer: Alle beschriebenen Maßnahmen müssen mit dem Vermieter abgestimmt werden. Die Preise sind genäherte Schätzungen. Das hier ist nur eine kleine Zusammenfassung, der Rest unterliegt der Privatssphäre von Line und Julia

Wenn du Fragen hast, dass alles doof findest oder selbst gern ein bisschen Hilfe hättest, können wir in den Kommentaren gerne plaudern.

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